Kernbohrereinsatz durch mangelndes Sicherheitssystem der Haspa ermöglicht.
Bankrechtsexperte Plassmann fordert unbegrenzten Schadensersatz für Geschädigte.
Norderstedt/Berlin, 09. März 2022 – Der Berliner Rechtsanwalt und Bankkaufmann Michael Plassmann (59), der eine große Zahl der Geschädigten des spektakulären Einbruchs in eine Filiale der Haspa in Norderstedt vertritt, hat erstmals Ermittlungserkenntnisse veröffentlicht, die den Einbruch und die Schadensverursachung in einem eindeutigen Licht erscheinen lassen: „Nach den mir vorliegenden Erkenntnissen der Ermittlungsbehörden steht eindeutig fest, dass im Tresorraum der Haspa in Norderstedt weder ein Erschütterungssensor noch eine Videoüberwachung verbaut war“. „Hätte die Haspa den Schließfachraum mit einem Erschütterungssensor gesichert, wären die Täter bei dem Einsatz mit dem 420 mm Kernbohrer auf frischer Tat ertappt worden“, präzisiert Plassmann das zentrale Versäumnis der Haspa.
I. Sicherheitslücken der Haspa
Plassmann, der bereits beim sogenannten „Berliner Tunnelraub“ (https://www.focus.de/panorama/welt/report-das-maerchen-vom-sicheren-schliessfach_id_3618058.html) die Sicherheitslücken aufgedeckt und zahlreichen Geschädigten zum Schadensersatz verholfen hatte, ist über ein derartiges Versäumnis der Haspa „entsetzt“. „Die relevanten VdS-Sicherungsrichtlinien der Versicherungswirtschaft für Schließfachräume (VdS 2472) sehen“, so der Bankrechtsexperte, „für Einbruchmeldeanlagen (EMA) ein zweistufiges Sicherheitssystem vor: Zum Schutz gegen das Eindringen der Täter durch Bohrereinsatz oder sonstige Gewalt werden einerseits ganz bewusst Erschütterungssensoren verbaut. Fehlen diese, können Täter wie in Norderstedt völlig ungestört die Außenwand durchdringen“, beschreibt der Anwalt das zentrale Defizit im Tresorraum der Haspa. „Als zweiter Baustein werden zudem typischerweise Bewegungsmelder im Tresorraum selbst installiert , um die Täter spätestens nach dem Durchdringen der Tresorwand zu ertappen“, erläutert Plassmann den „dualen Schutz eines angemessenen Sicherheitssystems im Tresorraum“.
II. Vorgehen am Tatwochenende (06. – 08. August 2021)
Plassmann, Vorsitzender des Ausschusses Außergerichtliche Streitbeilegung der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK), beschreibt auch, wie die Täter in den Tresorraum der Haspa eindrangen und die dort verbauten Bewegungsmelder außer Kraft setzten: „Laut Ergebnisgutachten des von der Haspa-Versicherung beauftragten Gutachters des Institutes für angewandte Sicherheitstechnik“ (Essen)“ seien die Täter wie folgt vorgegangen: „Nach aktuellem Kenntnisstand drangen die Täter in die leerstehende Wohnung oberhalb des Wertschutzraumes ein und bohrten mit einem 420 mm Kernbohrer ein Loch in den Boden, der die Decke des Wertschutzraumes darstellt. Hierbei wurde die Bohrung so platziert, dass diese nicht im Erfassungsbereich des im Tresorraum montierten Bewegungsmelders lag. Anschließend drangen die Täter über die Öffnung in der Decke, die nicht im Erfassungsbereich des Bewegungsmelders liegt, in den Wertschutzraum ein und stellten in ca. 1m Abstand zum abdecküberwachten Bewegungsmelder eine mitgebrachte raumhohe „Staubschutzwand“ aus Metallstangen und eine blaue Abdeckplane auf.“ (Gutachten v. 16.08.2021)
„Ziel dieser Wand“, so Plassmann, „war, dass die Infrarotstrahlung die von den sich bewegenden Tätern ausgeht und ein Wärmebild erzeugt, abzudecken und somit die Alarmaussendung zu verhindern.“ „Genau dieser Tathergang“, belege nicht nur, dass „die Täter offensichtlich Insiderkenntnisse hatten, sondern auch wie fatal es für die KundInnen ist, wenn ein zentrales Sicherungselement wie zwingend erforderliche Erschütterungssensoren bei einem Schließfachraum – ob aus Kostengründen oder aus Nachlässigkeit – vergessen wird.“ Plassmann, der selbst jahrelang in einer Großbank gearbeitet hat, kann „nicht im Ansatz nachvollziehen, warum die Haspa nicht spätestens nach dem gescheiterten Schließfacheinbruch in der Filiale in Altona im Oktober 2020, bei dem ebenfalls ein Kernbohrer zum Einsatz kam, alle Alarmsysteme in den Filialen grundlegend auf den Prüfstand“ gestellt habe.
III: Fehlende Sicherung des Tatortes
Ebenso nachdenklich stimmt den Anwalt nach Lektüre der relevanten Ermittlungsergebnisse, dass am Sonntagnachmittag, nachdem der Einbruch von der Polizei und Haspa-Verantwortlichen bemerkt wurde, „allen Ernstes den Tätern die Möglichkeit gegeben wurde, an den Tatort zurückzukehren und zumindest relevante Spuren zu vernichten“. „Bei dem wahrscheinlich größten Schließfacheinbruch in Deutschland wäre es – ähnlich wie beim Berliner Tunnelraub – absolut angezeigt gewesen, umgehend den gesamten Tatort zu sichern und mit den Ermittlungen zu beginnen“, hätte der Geschädigten-Anwalt Plassmann „zumindest die notwendige Professionalität in dem Zeitpunkt erwartet, indem das Worst-Case-Szenario bereits eingetreten“ sei.
Wie der Vorstandsvorsitzende der Haspa, Harald Vogelsang, „im Lichte dieser Erkenntnislage noch vor Weihnachten davon sprechen konnte, dass sich die Haspa, ‚was die Sicherheitslage angeht, nichts vorzuwerfen‘ habe“, ist Plassmann daher ein „absolutes Rätsel“.
IV. Haftungsanspruch der Geschädigten nicht auf 40.000 EURO begrenzt
Vor diesem Hintergrund geht Plassmann davon aus, dass die Haspa nun „zu Ihrem Wort stehe“ und „im Lichte dieser groben Fahrlässigkeit die nachgewiesenen Schäden der Kunden in unbegrenzter Höhe“ erstatte. Bisher hatte die Haspa sich auf den Standpunkt gestellt, den Kunden – so die Haspa wörtlich – „gemäß der vereinbarten Sonderbedingungen den möglichen Höchstbetrag von 40.000 EURO erstatten“ zu wollen, den Vorgang jedoch „aus heutiger Sicht als abgeschlossen“ betrachtet.
Plassmann, der bereits den Deutschen Bundestag in Rechtsfragen beraten hat, hatte bereits „die Wirksamkeit der kundenbenachteiligenden Klausel aus Rechtsgründen“ in Frage gestellt. Nach den nun vorliegenden Ermittlungsergebnissen rät Anwalt Plassmann allen Geschädigten, „nun umgehend auch die darüberhinausgehenden nachgewiesenen Schäden im vollen Umfange von der Haspa zu fordern“.
Ansprechpartner:
RA und Bankkaufmann Michael Plassmann, Berlin
Direkt: 0177.56 24 639 o. 030.88629790
E-Mail: plassmann@mediationskanzlei-plassmannn.de
Infos zur Person:
https://www.mediationskanzlei-plassmann.de/mediationskanzlei/referenzen.htm
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https://www.focus.de/kultur/gesellschaft/spektakulaere-bankueberfaelle-jagd-auf-schliessfaecher-wie-tunnelraeuber-die-sicherheitsluecken-bei-banken-ausnutzen_id_13328749.html